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Technische Dokumentation mit KI erstellen: So gelingen die ersten Schritte

Geschrieben von Christopher Rechtien | 18. August 2025 09:10:24 Z

 

Wie Sie KI in den Redaktionsalltag integrieren

Künstliche Intelligenz (KI) wird aktuell in nahezu jedem Fachmagazin, auf Konferenzen und in sozialen Netzwerken diskutiert. Doch trotz des Hypes herrscht in vielen Technischen Redaktionen Unsicherheit: Wie kann ich KI sinnvoll in der Technischen Dokumentation einsetzen? Muss ich jetzt mein komplettes Arbeiten umstellen?

Technische Redakteur:innen stehen oft vor der Herausforderung, KI in ihre Prozesse einzubinden, ohne dabei Sicherheit und Qualität zu riskieren. KI muss nicht sofort den gesamten Redaktionsprozess verändern. Kleine, unbedenkliche Tests bieten einen praktischen und sicheren Start. Mit klaren Use Cases, wie Texterstellung, Übersetzung, Terminologievereinheitlichung oder Gliederungserstellung, lassen sich erste Erfahrungen sammeln. Kontrolle, Datenschutz und Konformität bleiben dabei immer in der Hand der Redaktion. Mit dem richtigen Mindset und gezielten Anwendungen kann KI Schritt für Schritt als unterstützendes Werkzeug etabliert werden.

 

Einfach machen

Viele Technische Redakteur:innen kennen die Situation: Das Interesse an KI ist groß, aber es fehlt ein konkreter Einstieg. Die Menge an Tools, Fachbegriffen und die Sorge vor fehlerhaften Ergebnissen hemmen den Start. Gleichzeitig entsteht ein gewisser Druck: Wer jetzt nicht beginnt, KI im Arbeitsalltag zu nutzen, könnte den Anschluss verlieren.

Wenn Sie diese Gedanken kennen, sind Sie nicht allein. Gerade in der Technischen Dokumentation mit ihren besonderen Anforderungen an Verständlichkeit, Aktualität und Richtlinienkonformität wirkt KI auf den ersten Blick wie eine Blackbox. Doch ein einfacher Einstieg ist möglich, ohne dass Sie sofort Ihre komplette Arbeitsweise verändern.

 

Vom Grübeln zum Handeln: Warum kleine Schritte besser sind

Bevor Sie nach dem „richtigen“ KI-Tool suchen, ist es wichtig wiederkehrende Use-Cases zu definieren, bei denen KI in der Dokumentationserstellung unterstützen kann. KI ist ein Assistent, kein Ersatz. Sie übernimmt Aufgaben, unterstützt bei Routinetätigkeiten und kann Ihnen repetitive Arbeiten abnehmen. Aber sie bleibt immer auf Ihre Prüfung und Freigabe angewiesen.

Setzen Sie sich zu Beginn kleine, überschaubare Ziele und testen Sie KI-Anwendungen mit unverfänglichen oder fiktiven Beispieldaten. So können Sie Sicherheit im Umgang gewinnen, ohne in Produktionsdaten oder sensible Informationen einzugreifen.

 

Praktische und risikoarme Einstiegsszenarien

Die folgenden konkreten Einsatzmöglichkeiten zeigen, wie Sie KI Schritt für Schritt im redaktionellen Alltag erproben und daraus wertvolle Erkenntnisse für Ihre eigene Arbeit ableiten können:

1. Texterstellung und -überarbeitung

Lassen Sie sich von einer KI einen Warnhinweis nach dem SAFE-Prinzip für ein fiktives Produkt schreiben. Analysieren Sie: Welche Aspekte der Antwort überzeugen, wo fehlt Fachwissen? Je genauer Ihr Prompt (Ihre Aufgabenbeschreibung), desto näher kommt das Ergebnis Ihren Anforderungen.

2. Gliederungen und Inhaltsverzeichnisse

Bitten Sie die KI um die Erstellung einer Gliederung für eine Betriebsanleitung. Prüfen Sie: Ist die Struktur logisch? Könnten Sie bereits Teile der Ergebnisse nutzen? An welchen Stellen muss nachgesteuert werden? 

3. Fragenkataloge für Rechercheinterviews

Lassen Sie sich einen Fragenkatalog für ein Interview, zum Beispiel mit jemandem aus der Konstruktionsabteilung, generieren. So gewinnen Sie Ideen für Ihre eigene Recherche, erkennen aber auch gleich, wo die KI an ihre Grenzen stößt und zum Beispiel Informationen hinzuerfindet.

4. Übersetzungen und Terminologie

Nutzen Sie KI-gestützte Übersetzungen und prüfen Sie alle Ergebnisse gewissenhaft. So können Sie die Terminologietreue und sprachliche Qualität bewerten und gezielt weiter verbessern.

Wichtig: Alle von der KI gelieferten Ergebnisse müssen geprüft und freigegeben werden. Niemand sollte ungeprüft KI-generierte Inhalte weiterverwenden – das gilt insbesondere für sicherheitskritische Texte.

 

Sorgen und Bedenken im Umgang mit KI: Datenschutz und Qualität

Viele Technische Redakteur:innen sind unsicher: Was passiert mit den Daten, die ich in eine KI eingebe? Als Grundsatz gilt: Geben Sie im ersten Schritt keine vertraulichen oder personenbezogenen Daten ein. Nutzen Sie für erste Versuche nur fiktive Beispiele und achten Sie darauf, ob das KI-Tool datenschutzkonform arbeitet (z. B. durch DSGVO-konforme Einstellungen und Nutzung europäischer Hosting-Anbieter).

Die Verantwortung für alle veröffentlichten Inhalte bleibt bei Ihnen. KI kann unterstützen und beschleunigen – die Qualitätssicherung liegt jedoch weiterhin in menschlicher Hand.

 

 

Technische Dokumentation mit KI erstellen – Erste Schritte

Damit Sie den Einstieg sicher und strukturiert gestalten, empfiehlt es sich, einen klaren und nachvollziehbaren Prozess aufzusetzen und zu dokumentieren.

  1. Ziel definieren: Was möchten Sie mit KI erreichen (z. B. Zeit bei repetitiven Aufgaben sparen, Übersetzung vereinfachen)?
  2. Einstiegsszenario auswählen: Wählen Sie einen fiktiven oder risikoarmen Anwendungsfall.
  3. Mit Beispieldaten verschiedene KIs testen: Testen Sie zunächst mit nicht-sensiblen Informationen. Nutzen Sie mehrere KIs für den Test, denn alle liefern unterschiedliche Ergebnisse. Für einen Test zur Texterstellung könnten Sie zum Beispiel die gängigen Large Language Models (LLMs) ChatGPT, Claude, perplexity oder LeChat ausprobieren. Zur Bilderstellung lohnt sich in der Technischen Redaktion ein Blick auf Napkin, Flowshare und Red Panda. (Diese Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll Ihnen lediglich erste Ideen geben.)
  4. Ergebnisse kritisch prüfen: Bewerten Sie die Resultate und passen Sie Ihre Prompts an. Sammeln Sie Prompts, die gute Ergebnisse liefern und die Sie weiter anwenden möchten.
  5. Lernen und nachjustieren: Passen Sie die Nutzung an Ihre Anforderungen an und sammeln Sie Success Stories und Feedback aus dem Team.
  6. Know-how aufbauen: Nutzen Sie Weiterbildungsangebote, die auf Technische Redakteur:innen oder ganze Redaktionsteams zugeschnitten sind, wie unseren kostenfreien KI-E-Mail-Crashkurs.

Change Management: So holen Sie das Team mit ins Boot

Der Einstieg in KI gelingt nachhaltiger, wenn die Technische Redaktion gemeinsam lernt. Sprechen Sie das Thema offen an und beziehen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen frühzeitig ein.
Konkret könnten Sie:

  • Einen internen KI-Workshop anregen, in dem Use Cases definiert werden und Praxistests durchgeführt werden
  • Erste KI-Experimente dokumentieren und die Erfahrungen mit dem Team besprechen
  • Regelmäßige moderierte Absprachen zum Thema KI-Nutzung einführen
  • Gemeinsame Leitlinien entwickeln, zum Beispiel:
    • „Keine ungeprüften KI-Texte veröffentlichen“
    • „Fiktive Beispiele für Tests verwenden“
    • „Prompts und nützliche Erkenntnisse in einem Team-Wiki sammeln“

Fazit: Kleine Schritte führen sicher zum Ziel

Der Einstieg in die Arbeit mit KI lässt sich am besten durch klar definierte, überschaubare Maßnahmen gestalten. Es ist weder notwendig noch sinnvoll, sofort alle etablierten Prozesse zu verändern. Stattdessen empfiehlt es sich, mit kleineren Pilotprojekten und risikoarmen Tests zu beginnen, um die Funktionsweise und den Mehrwert von KI-Tools im eigenen Arbeitskontext zu überprüfen.

Wesentlich ist, dass alle KI-generierten Inhalte stets sorgfältig geprüft und an die redaktionellen Standards angepasst werden. Technische Redaktion bleibt eine Aufgabe, bei der Expertise, Kontrolle und Qualitätssicherung im Mittelpunkt stehen. Wer systematisch vorgeht und die Weiterentwicklung im Blick behält, kann KI gezielt als Unterstützung in der Technischen Dokumentation etablieren.

Kurz gesagt:
KI liefert Impulse – die inhaltliche Endkontrolle bleibt menschliche Aufgabe.