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Digitale Dokumentation

Welche Formen der digitalen Dokumentation gibt es?

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Digitale Dokumentation

 

Praktische Suchfunktion, Aktualisierbarkeit, geringere Druckkosten:
Digitale Nutzerinformationen haben viele Vorteile – sowohl für die Hersteller als auch für die User:innen. Doch digital ist nicht gleich digital. Wir zeigen Ihnen, wie die Transformation zur papierlosen Dokumentation am besten gelingt.

 

Erster Schritt zur digitalen Dokumentation: PDF

Für viele Unternehmen ist das klassische PDF-Dokument der erste Schritt, um Informationen digital zu publizieren. Meist wird den User:innen die PDF-Datei via Download im Web oder auf einem Datenträger, der dem Produkt beiliegt, bereitgestellt.
Fast könnten wir damit schon einen Haken an die Anforderung „digital“ setzen. Aber nur fast, denn spätestens im Praxistest wird deutlich: Mit einer schlichten PDF-Datei sind wir noch meilenweit von dem entfernt, was Digitalisierung eigentlich ausmacht – der einfache und kontextuelle Zugriff auf wirklich relevante Informationen.
Das liegt in erster Linie daran, dass PDFs nach wie vor für den Druck optimiert sind.
Ein Extrembeispiel hierzu habe ich zuletzt bei einem recht einfachen Elektrogerät erlebt. Als Anleitung hat der Hersteller ein DIN-A0-PDF angeboten, bestehend aus ein paar Grafiken und Text in 26 Sprachen. Eine Text-Bild-Zuordnung war so nur durch langwieriges Hin-und-her-Scrollen möglich, was das Verständnis doch sehr erschwert hat. Ausdrucken ist für die Endanwender:innen bei so einem Dokumentformat natürlich keine realistische Option.

 

Starre Dokumente, langwieriges Suchen

Aber auch herkömmliche PDF-Anleitungen im DIN-A4-Format performen nicht besonders gut, wenn man eine konkrete Information benötigt. So listet etwa die Suche im PDF einfach alle Fundstellen eines Begriffs auf, ohne diese nach Relevanz zu sortieren – das geht bei einer klassischen Suchmaschine, wie z. B. Google, deutlich besser. Hinzu kommt das starre Seitenformat, das die Informationsaufnahme erheblich stören kann, zum Beispiel dann, wenn ein Seitenumbruch das hilfreiche Bild vom zugehörigen Text trennt. Gerade beim Lesen auf dem Smartphone ist das nicht mehr nur nervig, sondern frustrierend.
Weitere Gründe, die gegen das PDF sprechen: So etwas wie das gezielte Teilen von Inhalten, um z. B. ein weiteres Teammitglied zu informieren, funktioniert mit einem PDF in der Regel nicht. Auch werden die einmal ausgelieferten Dokumente bei Fehlern häufig nicht weiter aktualisiert, genauso wenig wie die gedruckte Version. 

Zwischenfazit: PDF ist zwar digital, aber in vielen Aspekten noch kein richtiger Fortschritt zur gedruckten Anleitung.

 

Zweiter Schritt zur digitalen Dokumentation: Mit dem Content-Delivery-Portal aus der PDF-Misere

Wenn es um die digitale Zukunft der Technischen Dokumentation geht, ist immer häufiger von sogenannten Content-Delivery-Portalen (CDPs) die Rede. Worum geht es dabei genau?
Die Idee eines CDPs ist es, eine zentrale Informationsplattform zu schaffen, mit der die User:innen genau die Informationen erhalten, die sie in einer bestimmten Situation benötigen. Dazu werden die zum Teil riesigen Anleitungsdokumente zunächst einmal in kleine, leicht verdauliche Informationshappen – die Topics – eingeteilt. Ein Topic beschreibt genau eine Sache oder erklärt, wie genau eine Aufgabe gelöst werden kann. Das Topic wird dann noch mit Metadaten versehen, die helfen, es besser auffindbar zu machen. Diese Topics werden dann über ein Portal bereitgestellt. Darin können die User:innen ganz einfach wie bei Google nach der gewünschten Information suchen. Die Treffer werden (ebenfalls wie bei Google) nach Relevanz sortiert und das auch, wenn die User:innen den passenden Fachterm nicht kennen und nach einem Synonym suchen.

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Schneller zur gesuchten Information

Doch das ist längst nicht alles. Um das Suchergebnis weiter einzugrenzen, kommt eine Funktion zum Einsatz, die aus der Welt der Online-Shops bekannt ist: die Facetten.
Das sind die Baumstrukturen, die sich z. B. in der Amazon-Suche am linken Bildrand befinden. Sie visualisieren die unterschiedlichen Eigenschaften und Ausprägungen der Produkte und helfen mir als Laien schnell, meine Suche auf das einzugrenzen, was ich haben möchte.
Genau so eine Funktion gibt es auch in den meisten Content-Delivery-Portalen. Sie dient dann allerdings nicht zum Aussuchen von Produkten, sondern dazu, das Informationsangebot im Portal zu filtern. Wenn ich beispielsweise bei meinem Auto wissen möchte, wie der optimale Reifendruck ist, gebe ich einfach „Reifendruck“ in die Suche des Portals ein. Dann kann ich über die Facetten noch mit zwei Klicks angeben, welches Modell ich fahre und dass ich die Information für die vorderen Reifen suche: Schon habe ich die passende Information.

Screenshot CDP

Schneller Informationszugriff: Facetten im CDP (Quelle: kothes smart space)

 

Bei digitaler Dokumentation stehen die User:innen im Mittelpunkt

Smartes Content Delivery kann aber noch vieles mehr: Die Systeme bieten in der Regel Funktionen an, die es den User:innen erlauben, Favoriten und Lesezeichen abzuspeichern, eigene Sammlungen von Topics zusammenzustellen und Inhalte mit Kolleg:innen zu teilen.
Dazu kommt: Einige der aktuell verfügbaren Portale sind bereits von Haus aus mit einer interaktiven Feedbackfunktion ausgestattet. Die ist intuitiv bedienbar und erinnert an die Bewertungsfunktion im E-Commerce. Über ein Sternesystem können einzelne Topics bewertet werden. Freitextkommentare dienen zusätzlich als eine Art Notizzettel, um detailliertes Feedback zu erfassen und zurück in die Organisation zu spielen. Das können z. B. Anmerkungen sein wie:
Hier fehlen noch Informationen zum Drehmoment.
 Oder: Bitte Sollwertparameter an den aktuellen Release anpassen.
Dadurch können die Informationsverantwortlichen auf einen Blick erkennen, an welchen Stellen im Portal noch wichtige Informationen fehlen, und diese nachpflegen. Auch falsche oder veraltete Informationen können so schneller identifiziert und verbessert werden.

Feedback

Wo fehlen noch Infos? Das Feedbackfenster im CDP (Quelle: Empolis Service Express)

 

Nicht zuletzt gibt es Systeme, die über eine App für den Nutzer verfügen: Damit können die User:innen mobil via Smartphone auf das Portal zugreifen – und das auch offline. Ein Rechtesystem für den Schutz von sensiblen Informationen und die Möglichkeit, Inhalte jederzeit zu aktualisieren, runden die ganze Sache ab.

 

Mehr als nur Anleitungen – das CDP als zentrales Informations- und Wissensmanagementportal

Wenn wir uns die vielseitigen Features von CDPs vor Augen führen, können wir feststellen:
Diese Systeme bringen alles mit, um eine leistungsstarke Informations- und Wissensplattform aufzubauen. Eine solche Plattform kann weit mehr bieten als nur das kleine Einmaleins der Technischen Dokumentation. So können auch weiterführende Informationen für die unterschiedlichsten Zielgruppen über das CDP bereitgestellt werden. Das können zum Beispiel sein: die Fehlersuche für den Service, FAQs für die Hotline oder Hinweise zu Zubehör und Erweiterungsmöglichkeiten für die Endkund:innen.
Gerade im Technischen Service wurde das Potenzial von CDPs erkannt. In diesem Bereich etablieren sich zurzeit verstärkt Informationsportale, die speziell auf die Bedürfnisse von Serviceorganisationen zugeschnitten sind.
Solche Portale bieten etwa die Möglichkeit, geführte Troubleshootings auf der Basis von intelligenten Entscheidungsbäumen zu erstellen. Das hilft dabei, Probleme besser einzugrenzen, und kann die Einarbeitungszeit von neuen Mitarbeitenden um bis zu 75 % zu verkürzen.

 

Warum ist die gedruckte Dokumentation noch immer so weit verbreitet?

Vergleicht man den praktischen Nutzen von Informationen in Papierform bzw. im PDF-Format mit Informationen im Content-Delivery-Portal, gewinnt in der Regel das CDP. Doch meistens sind die Anwenderinformationen, die wir im Privatleben oder auch in der Industrie nutzen, immer noch gedruckt oder werden als PDF bereitgestellt. Warum ist das so?

Grund 1: der Investitionsaufwand

Zunächst einmal ist es für die Hersteller natürlich eine Investition, so ein Portal aufzubauen und die Inhalte entsprechend aufzubereiten. Die größeren Hersteller, etwa im Automotiv-Sektor, sind hier Vorreiter und setzen CDPs bereits ein. Mittelständische und kleine Firmen werden über kurz oder lang nachziehen, denn die Vorteile liegen auf der Hand.
Hinzu kommt: Spätestens die Konsument:innen der Generation Z werden Produkte bevorzugen, bei denen sie die Informationen digital erhalten können. Für die Hersteller wird es also immer wichtiger, zeitgemäßen und leicht zugänglichen Content zu schaffen, der punktgenau auf das Informationsbedürfnis der User:innen zugeschnitten ist.

Grund 2: Nur Papier gilt als sicher

Der zweite Punkt liegt in der aktuellen Gesetzgebung und deren Auslegung. Viele Experten propagieren aktuell noch, dass die gedruckte Version die einzige „rechtsgültige“ Lieferform für Bedienungsanleitungen ist. Denn nur beim gedruckten Papier könne man sichergehen, dass die Informationen jederzeit (auch bei Stromausfall und Versagen des Internetanschlusses) zur Verfügung stehen. Doch diese Linie bröckelt gerade.So ist es beispielsweise den Herstellern von Medizinprodukten schon länger erlaubt, unter bestimmten Umständen auf das Papier zu verzichten. Auch die neue Maschinenverordnung erlaubt explizit eine digitale Lieferung von Betriebsanleitungen für Maschinen. Allerdings mit einer kleinen Einschränkung: Auf Wunsch des Kunden muss binnen sechs Monaten ab Kauf eine Papierfassung nachgeliefert werden.
Dennoch lässt sich festhalten, dass auch der Gesetzgeber die Zeichen des digitalen Wandels erkannt hat und endlich konkrete Regelungen für die Technische Dokumentation in digitaler Form formuliert (siehe Entwurf Maschinenverordnung).

 

Fazit: Informationen zu jeder Zeit an jedem Ort – digitale Dokumentation macht’s möglich

„Ein Dokument mit über 500 Seiten und auf Seite 243 findest du die Info.“ Sätze wie dieser könnten schon heute der Vergangenheit angehören – mit einer digitalen Dokumentation.
Ich freue mich auf jeden Fall schon auf die Zeit, in der die Hersteller Marktvorteile erlangen, weil sie ihre Anwender:innen mit digitalen Informationen besser informieren als die Konkurrenz. Nicht nur, weil der eine oder andere Baum dann nicht zur Anleitung verarbeitet wird, sondern auch, weil wir als Nutzer:innen dann viel weniger Zeit mit der Suche nach der passenden Information verbringen müssen.

Lars Kothes
Autor:
Blog post Lars Kothes