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Betriebsanleitung erstellen – So gelingt die normgerechte und praxisnahe Dokumentation

Geschrieben von Julia Graf | 20. November 2025 07:48:00 Z

 

Die Erstellung einer normenkonformen Betriebsanleitung ist weit mehr als bloße Pflicht: Sie sorgt für die Sicherheit, Verständlichkeit und den Erfolg eines Produkts im Markt. Doch wie gelingt es, technische Informationen so aufzubereiten, dass sie sowohl verständlich und vollständig sind als auch den Regularien entsprechen? In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, worauf es beim Aufbau einer Betriebsanleitung wirklich ankommt – von den Vorgaben der DIN EN IEC/IEEE 82079-1 bis hin zur Strukturierung der Inhalte. Dabei unterstützen Sie praktische Checklisten und Tipps für das Ressourcenmanagement. 

 

Normgerechte Betriebsanleitung erstellen: So gelingt der richtige Aufbau

Eine normenkonforme Betriebsanleitung folgt einer klaren, logisch aufgebauten Struktur. Ziel ist, dass Nutzer:innen schnell die passenden Informationen finden und das Produkt sicher bedienen können. Die Grundlage dafür bildet die internationale Norm DIN EN IEC/IEEE 82079-1. Sie definiert, wie Informationen strukturiert, formuliert und präsentiert werden müssen, damit sie verständlich, vollständig und – im Falle sicherheitsrelevanter Inhalte – den Sicherheitsanforderungen entsprechen.

 

Typischer Aufbau nach DIN EN IEC/IEEE 82079-1

Die Norm gibt keine starre Struktur vor, sondern ein flexibles Grundgerüst, das sich an der tatsächlichen Nutzung des Produkts orientiert. Ein typischer Aufbau umfasst die folgenden Inhalte:

  • Titelblatt und allgemeine Angaben (Produktname, Modell, Hersteller, Identifikationsnummer, Version, Ausgabedatum)
  • Sicherheitsinformationen (Warnhinweise, Signalwörter, Symbole, Sicherheitsmaßnahmen, bestimmungsgemäße Verwendung, ggf. vorhersehbaren Fehlgebrauch)
  • Einleitung und Zweck (Beschreibung des Produkts, Zielgruppe)
  • Technische Daten (Parameter, Leistungsmerkmale, Betriebsbedingungen)
  • Transport und Verpackung (Hinweise zu Verpackung, Transport, Lagerung, Auspacken, Transportsicherung)
  • Aufbau und Funktion (Beschreibung der Baugruppen, Komponenten und deren Funktionsweise, ggf. Übersichtszeichnungen)
  • Montage und Installation (Schritt-für-Schritt-Anweisungen)
  • Inbetriebnahme und Betrieb (Bedienung, Steuerung und Betriebsarten)
  • Wartung und Instandhaltung (Reinigungs-, Inspektions- und Austauschhinweise)
  • Störungsbehebung (Fehlermeldungen, Ursachen und Maßnahmen)
  • Stilllegung, Demontage und Entsorgung (Recycling- und Entsorgungshinweise)

 

Betriebsanleitung erstellen: Sicherheitsweise richtig umsetzen und platzieren

Ein roter Faden ist entscheidend: Informationen müssen logisch aufgebaut, leicht auffindbar und anhand konsistenter Auszeichnung in ihrer Funktion klar erkennbar sein. Besonders sicherheitsrelevante Inhalte verdienen höchste Aufmerksamkeit.
Klar formulierte Sicherheits- und Warnhinweise, normgerechte Signalwörter und konsequent platzierte Symbole sind unerlässlich. Beispielsweise empfiehlt die Norm, alle relevanten Sicherheitshinweise sichtbar und verständlich zu platzieren: etwa direkt vor den jeweiligen Arbeitsschritten, zu Beginn der Montagebeschreibung oder bei der Beschreibung potenziell gefährlicher Situationen.

 

Praxisleitfaden – Schritt für Schritt zur normenkonformen Betriebsanleitung

1. Informationsbeschaffung und Zielgruppenanalyse

Am Anfang steht die Recherche: Welche Informationen sind relevant? Wer nutzt das Produkt und in welchem Umfeld? Die erforderlichen Daten kommen typischerweise aus Entwicklung, Konstruktion oder Service.

Analysieren Sie die Zielgruppe oder Zielgruppen genau:

  • Welches Vorwissen und welche Fachkenntnisse werden vorausgesetzt?
  • In welchen Einsatzumgebungen wird das Produkt verwendet?
  • Welche Sprachen und kulturellen Besonderheiten müssen berücksichtigt werden?

2. Normenrecherche: Relevante Vorgaben identifizieren und bewerten

Ein zentraler Schritt ist die systematische Normenrecherche. Prüfen Sie, welche nationalen und internationalen Normen, Richtlinien und gesetzlichen Anforderungen für Ihr Produkt und Ihre Anleitung gelten. Eine gründliche Normenrecherche hilft, Haftungsrisiken zu vermeiden.

3. Strukturierung und Layoutplanung

Ordnen Sie die Inhalte und planen Sie das Layout. Die Gliederung orientiert sich an der DIN EN IEC/IEEE 82079-1 und den Anforderungen der Zielgruppe. Einheitliches Design und wiederkehrende Elemente (z. B. Warnhinweise, Schrittlisten) erhöhen die Lesefreundlichkeit. Berücksichtigen Sie auch Barrierefreiheit und digitale Nutzbarkeit – etwa für mobile Anwendungen oder Webanleitungen.

4. Inhalte erstellen

Beim Schreiben gelten klare Qualitätsregeln, wie:

  • Kurze, aktive Sätze
  • Präzise Formulierungen ohne Mehrdeutigkeiten
  • Konsistente Terminologie und Signalwörter
  • Vollständige Sicherheits- und Warnhinweise

5. Visualisierung mit Bildern, Grafiken und Piktogrammen

Professionelle Illustrationen und Grafiken helfen, technische Abläufe verständlich zu machen. Eine einheitliche Darstellung, klare Beschriftungen und hohe Bildqualität sind entscheidend – mit derart gestalteten Grafiken unterstützen Sie internationale Zielgruppen und verringern Sprachbarrieren.

6. Übersetzung und Lokalisierung

Sobald die Anleitung fertiggestellt ist, folgt die Übersetzung in die erforderlichen Sprachen. Dabei sichern Translation-Memory-Systeme und ein konsequentes Terminologiemanagement Qualität und Konsistenz. Bei der Lokalisierung werden Maßeinheiten, Warnsymbole und Rechtsverweise für die verschiedenen Zielmärkte berücksichtigt.

 

Betriebsanleitung erstellen: Checklisten für einen erfolgreichen Dokumentationsprozess

Eine strukturierte Checkliste unterstützt die Qualitätssicherung der Betriebsanleitung. Prüfen Sie vor der Freigabe:

  • Sind alle normativen Anforderungen erfüllt (formell und produktrelevant)?
  • Ist die Struktur vollständig und logisch?
  • Sind alle Sicherheitsinformationen korrekt platziert?
  • Sind die erforderlichen Informationen vollständig und frei von Widersprüchen?
  • Wird die Terminologie konsistent verwendet?
  • Sind Bilder, Tabellen und Piktogramme korrekt beschriftet?
  • Wurde die Anleitung geprüft, freigegeben und versioniert?

Eine dokumentierte Qualitätssicherung schützt nicht nur die Nutzer:innen, sondern auch Ihr Unternehmen und ist unverzichtbar für eine auditfähige und professionelle Dokumentation.

 

Ressourcenmanagement und Organisation in der Technischen Dokumentation

In allen Unternehmen kann es durch Krankheit, Urlaub oder den bevorstehenden Ruhestand einzelner Mitarbeitender schnell zu Engpässen in der Dokumentationserstellung kommen. Um die Kontinuität und Qualität der Betriebsanleitungen zu sichern, empfiehlt sich ein vorausschauendes Ressourcenmanagement. Dazu gehört beispielsweise die regelmäßige Dokumentation von Arbeitsprozessen, der Aufbau eines internen Wissensmanagements sowie die klare Aufteilung von Zuständigkeiten innerhalb des Teams. Nach unseren Erfahrungen hat sich insbesondere ein Redaktionsleitfaden als bewährtes Mittel etabliert. Ein solcher Leitfaden definiert verbindliche Standards für Struktur, Sprache, Terminologie und Prozesse in der Dokumentationserstellung. Er sorgt dafür, dass alle Beteiligten nach klaren Maßgaben arbeiten und neue Teammitglieder schnell eingebunden werden können. So bleibt die Qualität der Betriebsanleitungen auch in Zeiten personeller Veränderungen erhalten.

Bei kurzfristigen Ausfällen oder temporär hohem Arbeitsaufkommen kann die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern für Technische Dokumentation sinnvoll sein. Sie unterstützen mit fachlicher Expertise, entlasten das eigene Team und helfen, Fristen zuverlässig einzuhalten. Auch Outsourcing einzelner Anleitungen kann die Flexibilität erhöhen und Kapazitätsspitzen abfangen. Eine transparente Abstimmung und sorgfältige Auswahl der Partner stellen sicher, dass die Dokumentationsqualität jederzeit den Anforderungen entspricht.

 

Fazit

Wenn Sie eine Betriebsanleitung erstellen, profitieren Sie von einer klaren, normgerechten Struktur, verständlichen Sicherheitshinweisen und einer zielgruppenorientierten Darstellung. Mit einer sorgfältigen Informationsrecherche, der konsequenten Anwendung der DIN EN IEC/IEEE 82079-1 und einer strukturierten Qualitätssicherung stellen Sie sicher, dass Ihre Betriebsanleitung benutzerfreundlich, normgerecht und optimal für den Einsatz in Ihrem Unternehmen ist.